Ketoazidose - ein diabetischer Notfall
Notfallprogramm im Körper
Fett wird verstoffwechselt, um die nötige Energie zu gewinnen
Für Menschen mit Diabetes gibt es zwei Situationen, die unbedingt vermieden werden sollten: die schwere Unterzuckerung und die akute Blutzuckerentgleisung nach oben, die zu einer Ketoazidose führen kann. Während eine Unterzuckerung in der Regel von den Betroffenen schnell behoben werden kann, benötigt die Behandlung einer Ketoazidose ein intensiveres Eingreifen, um eine Normalisierung der Blutzuckerwerte zu erreichen.
Die Behandlung einer Ketoazidose setzt eine gute Diabetesschulung mit der Vermittlung des notwendigen Wissens voraus. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber.
Voraussetzung für die Entstehung einer Ketoazidose ist in jedem Fall ein akuter Insulinmangel. Ein Mensch mit Typ-1-Diabetes, der vollständig auf Insulininjektionen angewiesen ist, um seinen Kohlenhydratstoffwechsel zu regulieren, reagiert auf einen plötzlichen Insulinmangel innerhalb weniger Stunden mit einem massiven Anstieg der Blutzuckerwerte. Dies entsteht, da nur Insulin den vorhandenen Zucker zur Energiegewinnung in die Zellen transportieren kann.
Um weiterhin genug Energie zur Verfügung zu haben, schaltet der Körper auf ein Notfallprogramm um. Nun wird Fett verstoffwechselt, um die nötige Energie zu gewinnen. Dabei entstehen jedoch Fettsäuren, die in der Leber Ketonkörper entstehen lassen. Diese Ketonkörperflut lässt unser Blut übersäuern. Das kann sich zu einem lebensgefährlichen Prozess entwickeln, der zu einer Veränderung des pH-Wertes des Blutes führt. Normalerweise bewegt sich dieser Wert in einem sehr engen Bereich (7,35–7,45). Schon kleinste Abweichungen davon stören die normalen Organfunktionen, was die Gefährlichkeit dieser Stoffwechselentgleisung erklärt.
Der absolute Insulinmangel, der zu dieser Situation führt, muss nach einem bestimmten Schema behandelt werden. Ohne das zur Behandlung notwendige Wissen des betroffenen Menschen führt sonst eine diabetische Ketoazidose zwangsläufig zu einer Notfallbehandlung in einem Krankenhaus.
Wer ist besonders gefährdet, eine Ketoazidose zu entwickeln?
Die diabetische Ketoazidose ist sehr häufig ein Erkennungszeichen für einen Typ-1-Diabetes. Viele Menschen mit Diabetes werden sich an die Beschwerden in diesem Zeitraum erinnern. Aber auch bei einer bestehenden Diabetes-Typ-1-Erkrankung steigt das Risiko einer Ketoazidose, wenn akute und vor allem fieberhafte Erkrankungen und Infektionen auftreten, denn dies lässt den Insulinbedarf in diesem Zeitraum mitunter drastisch ansteigen. Da Menschen mit Typ-2-Diabetes immer noch eigene Insulinreserven haben, ist in diesem Fall eine schwere und akute Stoffwechselsituation sehr selten.
Wie macht sich eine Ketoazidose bemerkbar?
Das erste Anzeichen ist in allen Fällen ein stark erhöhter Blutzuckerspiegel. Sollte es nicht zu einer zeitnahen Blutzuckersenkung kommen, sind die folgenden Symptome für eine sich entwickelnde Ketoazidose typisch:
- Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder auch Schläfrigkeit
- sehr häufiges Wasserlassen
- Bauchschmerzen, Übelkeit bis hin zum Erbrechen
- Azetongeruch in der Atemluft (wie Nagellackentferner oder faulige Äpfel)
- angestrengte Atmung
Nun heißt es schnell und möglichst mit Unterstützung handeln. Eine Messung der Blutketone erleichtert Ihnen das richtige Einschätzen der Stoffwechsellage sowie eine Kontrolle des Behandlungsfortschritts.
Möglichkeiten der Selbstkontrolle - Bestimmung der Blutketone
Seit einigen Jahren stehen Blutzuckermessgeräte zur Verfügung, die mit den entsprechenden Keton-Teststreifen auch die Blutketone messen können. Die Blutketon-Bestimmung ist eine genauere, schnellere (8 Sekunden) und unauffälligere Alternative zur bisherigen Urinketon-Bestimmung. Eine beginnende Ketoazidose ist im Blut 1–2 Stunden früher nachzuweisen als im Urin. Dies stellt ein wichtiges Handlungszeitfenster für Sie dar.
Verstehen Ihrer Blutketonwerte
Ketone werden also im Körper gebildet, wenn zur Energiegewinnung Fett statt Glukose herangezogen wird, weil nicht genügend Insulin vorhanden ist. Es handelt sich um ein Warnzeichen, dass sich Ihr Diabetes außer Kontrolle befindet oder dass Sie krank werden1.
Ihr Blutzucker ist höher als 250 mg/dL (13,8 mmol/L) und Ihr Ketonwert ist2
Niedriger als 0,6 mmol/L | Normaler Blutketonwert |
0,6 bis 1,5 mmol/L | Ein moderater Ketonwert, der möglicherweise auf den Fettmetabolismus und Gewichtsverlust hinweist, aber nicht auf einen Insulinmangel. Messen Sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal und wenden Sie sich an Ihren Arzt. |
1,6 bis 3,0 mmol/L | Ein hoher Ketonspiegel mit erhöhtem Risiko einer Diabetischen Ketoazidose (DKA). Kontaktieren Sie sofort Ihren Arzt. |
Höher als 3,0 mmol/L | Ein ernster metabolischer Zustand; sofortige Notfallsbehandlung ist notwendig. |
Was Sie bei einem hohen oder niedrigen Blutketonwert tun können
Das Messgerät zeigt als Ergebnis „HI” oder „LO”:
- Behandeln Sie Ihren Diabetes entsprechend den Anweisungen Ihres behandelnden Arztes.
- Überprüfen Sie Ihr Messgerät mit einer Kontrolllösung, Informationen dazu finden Sie im Kapitel „Test mit Kontrolllösung“.
- Wiederholen Sie die Messung mit einem neuen Teststreifen. Erhalten Sie erneut ein hohes oder niedriges Messergebnis, kontaktieren Sie sofort Ihren Arzt.
Betreiben Sie Ursachenforschung zur Vermeidung künftiger Ketoazidosen!
Selbst bei aller Vorsicht tritt eine Ketoazidose im Laufe eines Lebens mit Diabetes doch einmal auf. Wichtig sind das richtige Handeln zum richtigen Zeitpunkt, das Erkennen der Ursache und das vorausschauende Agieren, um wiederholte schwere Stoffwechselentgleisungen zu vermeiden. Menschen, die bewusst oder unbewusst die Insulingabe einstellen, riskieren Insulin-Versorgungslücken, die schon innerhalb weniger Stunden zu massiven Überzuckerzungen führen. Eine besondere Vorsicht sollten in dieser Hinsicht die Träger von Insulinpumpen walten lassen. Die basale Insulinversorgung muss ständig gewährleistet sein, was bedeutet, dass immer Ersatzmaterialien und Ersatzinsulin dabei sein sollten. Selbst bei körperlicher Aktivität oder einer kohlenhydratfreien Mahlzeit benötigt der Körper zur Aufrechterhaltung des normalen Stoffwechsels eine gewisse Menge an Insulin. Das Treffen der richtigen Entscheidungen kann nur im Rahmen von strukturierten Schulungen erlernt werden. Das Erlernte sollte gegebenenfalls aufgefrischt werden.
In der Regel weiß jeder Betroffene, wie er sich im Falle einer Unterzuckerung verhalten sollte, aber die wenigsten kontrollieren ab einem unerklärbaren Blutzucker von 250 mg/dl (13,9 mmol/l) ihre Blutketone, um eine drohende Ketoazidose zu erkennen. Denken Sie bitte daran, abgelaufene Keton-Teststreifen rechtzeitig zu ersetzen!
Finden Sie diesen und weitere Beiträge auch als Ratgeber zum Download als PDF.
1. DKA (Ketoacidosis) & Ketones, www.diabetes.org/living-with-diabetes/complications/ketoacidosis-dka html, March 18, 2015
2. Richard M. Weil, Getting to Know Ketones, Diabetes Self –Management 2003 Nov-Dec; 20(6):100-1, 103-4